biodynamische psychologie

Körperliche, seelische und geistige Vorgänge wirken wechselseitig zusammen. Die jeweilige Dynamik dieses Zusammenspiels bewirkt die Qualität eigener Lebensenergie und wie sie zirkuliert oder gehemmt ist, auch im Austausch mit anderen und der Welt. Lebensfreude und Selbstvertrauen hängen davon ab, Vertrauen ins Leben.
Diese Zusammenhänge begann der Arzt Wilhelm Reich vor annähernd 100 Jahren durch therapeutische Arbeit zu entdecken und zu erforschen. Wo und wie kann universelle Lebensenergie in ihrer Zirkulation körperlich-seelisch gehemmt sein und wie ist sie mit welchem Gewinn zu befreien? Und das keineswegs nur in sexueller Hinsicht, wie es ihm gerne nachgesagt wird. Ähnlich begeistert hat dann in den siebzigerJahren Gerda Boyesen mit ihrer Biodynamischen Psychologie diese Auffassungen und Vorgehensweisen subtil verfeinert und wesentlich erweitert. Ihr Spektrum ermöglicht träumerisch wortlose Veradauen von Stress und untergründig drängender Eindrücke und Themen, eine Art „Traumzeit“ in Resonanz mit inneren Rhythmen, zunächst Atem und Psychoperistaltik (Darmbewegungen in Verbindung mit dem Vagusnerv) .Ebenso ermöglicht es integrativ ausdrückliche Verarbeitung, körperlich, stimmlich, verbal entfaltet. Zentral wirkt schützender Respekt für gewohnte Reflexmuster, das sind eingewöhnte Arten von Körperspannungen, Verhalten und Denken – auch als „blindes Urteilen“ im Umgang mit Eindrücken, Gefühlen und Empfindungen.
Durch ganzheitliche Wahrnehmung wird die Seele berührt, in allen Arten des Kontakts und insbesondere durch die einzigartigen Wege wohltuender Massage-Berührung.


von belang für meine arbeit

In der Zusammenarbeit können sich Körperrhythmen erholen. Körpergefühl und -Bewusstsein entwickeln sich wie geerdetes Selbstvertrauen. Stress kann sich lösen, Energiezirkulation bessert sich, anstrengende Reflexmuster können entlastet und wohltuend kompensiert werden beziehungsweise vielleicht deutlicher wahrgenommen als solche. Daraus kann die eine oder andere „kleine aber feine“ Veränderung hervorgehen, die dann spürbar Vorteile bringt, aber natürlich auch ein längerer tiefer Transformationsprozess, soweit man das möchte..
Ich integriere Aspekte verwandter Schulen und Traditionen, gelegentlich künstlerische Vorgehensweisen. Die Art der Bezogenheit und Interaktion in der Zusammenarbeit wird immer wieder abgestimmt, so dass Unstimmigkeiten bestmöglich kreativ nützlich wirken.
Auf dem Weg entwickelt sich durch innere Klärung und Stärkung sensible Resilienz.

für lust zum weiterlesen
Peristaltikmethoden und Traumzeit I organische Selbstregulierung und Resilienz I Massage I Massage, Bewegunglust und das Gegenteil I Lebhafte Hintergründe – Diamantkörper – das Sexuelle von Freud, das Energetische von Reich und das Komplementäre und Spirituelle von Jung I Schmelzen zum Diamant I Geschichte, Wirkungsfelder, Synergien

perstaltikmethoden und traumzeit

Während der Massage-Arbeit ist durch ein besonderes Stethoskop die archaische Stimme aus dem Bauch zu hören, sobald „Stress verdaut wird“. Pulsierende Peristaltik-Bewegungen des Darms erzeugen diese Geräusche, sobald dich dein Sensorium in Entspannung versetzt: die parasympathische Abteilung des Nervensystems – jener große, verästelte Vagusnerv, der für mich sein Gleichnis hat im mythischen Welten- oder Lebensbaum. Deutlich gluckernd, grollend, knurrend, bröckelnd, quietschend, wild oder leise plätschernd, erscheint Feedback aus dem „Bauchgehirn“ in seiner eigenen Sprache und „Grammatik“. Dieser absolut lebensnotwendige Vorgang zur unwillkürlichen Selbstregulierung und Selbstheilung geschieht im alltäglichen Ablauf üblicherweise in kleinen und größeren Ruhephasen, in jeder Art Kontemplation oder „Traumzeit“, besonders im Schlaf in Verbindung mit Träumen. (Besonders für Säuglinge und Kleinkinder ist diese Art Atmosphäre alltäglich am Herzen der vertrauten Bezugsperson unverzichtbar zur Verdauung seelischer Eindrücke (1), bis das auch zunehmend durch spielen und sprechen möglich wird.)

organische selbtregulierung

Wesentliche Bedingung für Lebenslust ist das Vermögen zu organischer Selbstregulierung unser ganzes Leben lang. Vielleicht hängt von dieser Regulierung unsere Lebenskunst ab, zumindest das Gefühl von Wohlergehen und Gesundheit. Förderlich ist ein flexibel kraftvoll und durchlässig pulsierender Tonus aller Gewebeschichten im wechselnden Erleben von Stress und Entspannung. Das kann erheblich reduziert oder einseitig beeinträchtigt sein – durch aktuell bedrückende Lebensumstände, unpassende Ernährung, mangelnde oder zu einseitige Bewegung und lange eingewöhnte Reflexmuster, die damit zusammenhängen können. Ungünstig wirken Zeitgeist-gemäße Umgebungen, die (seit Jahrzehnten zunehmend) einseitig oder überwiegend geprägt sind von Maximierung der „Gewinne“, von Leistungseffizienz und Zeit-Einsparung. Allgemein üblich wird das kompensiert durch übermäßigen Verzehr von Genuss- und Rauchmitteln beziehungsweise zunehmend von elektronischen Medien. Im Teufelskreis kann das Gesundheit und geistiges Wohlbefinden beeinträchtigen, das Empfindungsvermögen. Das wirkt sich aus auf die Art der Beziehungen, nicht selten auf Sexualität, Intimität bzw. Integrität und Identität.

Nützlich und im allerbesten Sinn lustvoll, mehr sensible und zugleich ernergetisch belebende kraftvolle Formen energetischer Selbstregulierung zu entdecken und zu kultivieren, eigentlich Empfindungsreichtum, Wahrnehmungsvermögen und Wachheit wie die Fähigkeit zu träumen – Bedingungen für sensible Resilienz.

massage – wirkungen

Da körperliche, geistige und seelische Dimensionen sich beeinflussen und zusammenwirken, sind hier immer alle Dimensionen berührt. Massage-Berührung geschieht in gemeinsamer Abstimmung passend zur Situation, in lockerer Kleidung oder teilweise entkleidet. Durch wohltuenden Körperkontakt und vielleicht hilfreiche Hinweise wendet sich deine Wahrnehmung nach innen und verfeinert sich. So kommt mehr oder weniger bald deine unwillkürliche organische Selbstregulierung in Gang. Die Vertiefung des Atems und vorteilhafte Hormonausschüttung betreffen das den gesamten Stoffwechsel, Entgiftung und Ausscheidung von Ablagerungen, Schlackenstoffen, Stresshormonen. Neben Glückshormonen wird das Bindungshormon ausgeschüttet. So stärkt sich dein Immunsystem und unmittelbar spürbar dein „Körperselbst“ – zunächst in gemeinsamer Bezogenheit.
Früher oder später werden Körpergrenzen angenehm deutlich, innere Räume eröffnen sich, Leichtigkeit und Helligkeit, vielleicht wohltuende Unendlichkeit. Du empfindest früher oder später sanftes Strömen plasmatischer Flüssigkeit und es vertieft sich das Empfinden von Dasein und Integrität durch Vertiefung des Atems, die sich unwillkürlich einstellt. In Wechselwirkungen stellen sich alle inneren Rhythmen vorteilhafter ein, belebend und ausgleichend, ebenso können mit der Zeit Bereiche aus Über- und Unterspannung in unterschiedlichen Gewebeschichten mehr ausgeglichen werden, sobald du sie deutlicher wahrnimmst wie auch die eigene Aura (kein Hokuspokus). Eingewöhnte Reflexmuster werden dabei deutlicher gespürt und können sich langsam verändern, wenn das erwünscht ist.

„Ich spüre da was, das jetzt mehr zu mir gehört, das ich noch nicht genau sagen kann.“

Träumerisch wird seelisch noch Unverdautes verdaut. So kann auch lang verdrängtes Schlafbedürfnis aufkommen und wohltuender Schlaf folgen. Äußerst wohltuend löst sich gestauter Stress – z.B. als kleine Flüssigkeitsansammlungen im Gesicht und an anderen Orten und Schichten der Gewebe. Auch aus tiefer sitzenden Reflexmustern „entlädt“ sich gehemmte Energie – auf stille Weise oder durch stärkere Ausdrucksimpulse, die es integrativ aufzugreifen gilt. Beides wirkt entweder erfrischend belebend oder tiefer berührend und bewegend, aufschlussreich und inspirierend – manchmal erst nach vorübergehender Verunsicherung:
Falls während der Körperarbeit und Massage ein Gefühl aufkommt, ein Bildeindruck oder ein besonderer Bewegungsimpuls, wird das im Rahmen der vorangegangenen Absprache über Wünsche und Ziele aufgegriffen und integriert – energetisch und auch thematisch, soweit es nützlich und stimmig scheint in der Situation. Ebenso kann aus der Dynamik eines immer auch körperorientierten Gesprächsverlaufs mehr vertiefende Körperarbeit angebracht sein – auch als Massage-Berührung. Innere Verarbeitungsprozesse kommen auf den Weg und können in der Zusammenarbeit mehr ausdrücklich benannt und auch vertieft werden. So erneuern sich Wechselwirkungen von Körper, Geist und Seele.

massage, bewegungslust und das gegenteil

Biodynamik-Massage-Berührung belebt und vertieft wohltuend deine Körperwahrnehmung und dein Körpergefühl, daher kann auch die Lust auf aktive Körperpraxis entstehen – falls du sie verloren hattest oder noch nicht für dich passend entdeckt hast.
Wenn du zu erschöpft bist oder gesundheitlich sehr eingeschränkt, können einige Arten der Massage und imaginative Übungen die wohltuend belebende Wirkung aktiver Körperpraxis tendenziell ersetzen. Das lässt sich teilweise übernehmen auch zur unabhängigen Anwendung.

Bewusst achtsame Bewegung ist erfahrungsgemäß ungemein wohltuend und verstärkt enorm die Wirkung z. B. von Radeln, Schwimmen, Laufen, Hantel-Training, Ernährungsumstellung, etc.. Doch ist es sinnvoll, die inneren Widerstände wohlwollend zu beachten und es kann sehr ergiebig werden, sie z. B. in der Zusammenarbeit eingehender zu thematisieren.

lebhafte hintergründe – diamantkörper – freud, reich, jung

„Vom Stein zum Diamant“ benennt metaphorisch das Spektrum biodynamisch psychologischer Entwicklung. Hintergründe sind „Das Sexuelle Sigmund Freuds, das Energetische Wilhelm Reichs und das Spirituelle von C.G.Jung.“

„Vom Stein zum Diamant“ ist eine poetische Metapher für dasp otentielle Spektrum innerer Entwicklung durch Energiearbeit. „Der Stein“ ist robust „gepanzert“ und wirkt besonders auf andere empfindungsarm, hält sich selbst am liebsten für unumstößlich. “ Der Diamant“ ist sensibel auch für andere und Verletztheit besser abwenden oder schneller verarbeiten, bestens geerdet und zentriert – innerlich verbunden. Er sieht sich selbst klar von innen und außen und setzt das gerne sich selbst klärend so fort, bestens vertraut im transzendierenden Zustand. Die Zwischenstufen sind energetisch durchlässiger als“der Stein“, entweder festgefahren in der inneren Unverbundenheit oder aber auf dem Weg zu mehr innerer Verbundenheit auch vertraut mit dieser Art Erfahrungen.
„Diamantkörper“ wurde und wird in einigen buddhistischen Schulen als sublimste Weise des Seins kultiviert – durch körperlich-seelische Klärungsprozesse, Selbsterforschung, ritualisierte Formen meditativer Selbstregulierung. Mit neuen Körpertherapien gibt es Berührungspunkte und Ähnlichkeiten durch die zentrale Bedeutung des Atems, innerer Räume und – nicht in allen Körpertherapieschulen gleichermaßen beachtet – den Energiezentren bzw. Chakren. beachtet).
Zeitgemäß pragmatisch formuliert bedeutet „Diamantkörper“ eigentlich die sensibelste und zugleich robusteste Weise menschenmöglicher Resilienz, zugleich die friedvollste.

Der erste Psychoanalytiker Sigmund Freud forcierte vor mehr als einem Jahrhundert die wissenschaftliche klinische Erforschung des sogenannten Unbewussten und der psychosexuellen Entwicklung in der Kindheit als Entstehungszeit verdrängter Wünsche, Ängste und Konflikte, insofern die Probleme seiner PatientInnen offenbar daher rührten. Angst und Schuldgefühle wirken dabei grundlegend (2). Nachgebssert wurde durch assoziative „Talkingcure“ mit seiner Deutungshohheit.

Anders als Freud, doch in konsequenter Fortsetzung von Freuds Annahme, das Ich sei immer auch körperlich, sah sein Schüler Wilhem Reich die Bedingung für innere und zwischenmenschliche Schwierigkeiten – scheinbar vereinfacht – zunächst in körperlich und mental gehemmter Lebensenergie – unwillkürlich blockiert durch Angst und Schreck, gewissermaßen muskulär“eingefleischt“ als Reflexmuster – schon vorgeburtlich und fortgesetzt, auch überformt. Er entwickelte teilweise sehr invasive körperorientierte Methoden lebhafter Zusammenarbeit, zudem Theorien, die zunächst von der individuellen und sozialpsychologischen Bedeutung sexueller Befreiung zu handeln scheinen. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass es dabei ebenso um die Fähigkeit zu Intimität und dauerhafte Herzensbindung geht. Im Unterschied zu Freuds „Talkingcure“ ging es direkt um energetisch belebende und befreiende Transformation der „Charakterpanzerung“, auch als Bedingung für mündiges Hinterfragen und Denken, einfühlsame Arten des Verantwortungsgefühls, Fähigkeit zu spielerisch kreativer und disziplinierter Kooperation anstelle blinder Unterwerfung.

Carl Gustav Jung, ebenfalls Schüler Freuds und jahrelang dessen streitbarer Kollegen-Freund bis zur Entzweiung, sah das Unbewusste nicht vorwiegend als Ort verdrängter Erlebnisse und Instinkte, vielmehr als den unerschöpflich größeren Teil des Selbst, auch in Verbindung mit transpersonalen Erfahrungen und dem „Seelengrund“. Aus dem Unbewussten rühren alle Eindrücke des Numinosen, Intuition und die „Transzendente Funktion“ (3), alle kreativen Impulse. Von dort treten sogenannte Schattenaspekte ins Bewusstsein oder sie werden blindlings projiziert – mit wenig vorteilhaften Folgen auf Dauer, wenn man sie nicht als eigenes erfasst und verarbeitet. Dabei geht es geradezu gesetzmäßig um gegenteilige und insbesondere um gegengeschlechtliche Aspekte, schließlich mit deutlichem Gewinn innerer Integrität. Das Komplementäre dieser Vorgänge betonte er auch im Zusammenhang mit der Yin-Yang-Tradition und – Lehre (4). Vor diesem Hintergrund entdeckte er die Arbeit mit inneren Bildern und traumartigen Szenen und „Symbolen“.

„Diamant“ leitet sich ab aus griechisch „adamus“, dem Unzerstörbaren. Er ist das härteste, kostbarste und älteste Mineral, funkelnd durch Schliff in allen Regenbogenfarben, mit höchster Lichtbrechung. Als Heilstein steht Diamant für Gerechtigkeit, starken Charakter und die Fähigkeit, dämonische Kräfte abzuwehren (5). In höher entwickelten spirituellen Traditionen werden dämonische Kräfte energetisch transformiert bzw. transzendiert.
Als einer der im Höchstmaß Aufsehen erregenden Künstler seiner Zeit verwendete Andy Warhol massenhaft winzige Diamantsplitter für sein gleichnamiges Porträt von Josef Beuys, der seinerzeit gleichfalls heftiges Aufsehen und auch Anstoß erregte als Künstler und sich zum Beispiel in einer spektakulären mehrtägigen Performance als meditierender Schamane inszenierte.
Geschliffen in Edelmetall gefasst symbolisiert ein Diamant als Körperschmuck Schönheit, Solidität, Treue, höchste Kostbarkeit und ausgeprägten Status. Der Marktwert ist hoch. Die Arbeitsbedingungen beim Abbau und in Schleifereien sind allerdings erbärmlich, wenn nicht bemerkenswert unwürdig.

„Diamonds are the girls best friends.“ Marilyn Monroe

schmelzen – auf dem weg zum diamant

Einige Massage-Methoden wirken eigenartig intensiv entspannend. Es entstehen Wirkungen in Gehirn und Nervensystem wie beim Säugling während des Stillens, d.h. beim Saugen und auch anschließend träumend an der vertrauten Mutterbrust. Jener Vorgang, bei dem nicht nur Nahrung aufgenommen und auch schon verdaut wird, sondern auch innere Eindrücke verdaut werden.

Dieser Zustand wird bisweilen ohne weiteres als angenehme Entgrenzung und zugleich Verbundenheit erlebt, als Öffnung ins Jenseits von Raum und Zeit. Das kann als spirituelle Öffnung angesehen werden und erfahrungsgemäß einen Mangel an befriedigendem Paar- und Sexualleben kompensieren. Ebenso intensiviert sich auf dem Weg sinnliches und sexuelles Empfindungsvermögen, da sich das Empfinden für Intimität und Innigkeit wesentlich vertieft.

„Schmelzen“ kann auf befreiende Weise körperliches Schmerzempfinden unterbrechen, vielleicht auch nachhaltig auflösen. Es bahnt kontemplative Erfahrung und kann eine Neigung zum Meditieren anregen. Insofern ist es nützlich und lebensnotwendig auch zur Regulierung von seelischem Schmerz und im Umgang mit traumatisierenden Erfahrungen.

geschichte, synergien, wirkungsfelder und sorge für sich selbst

Bestärkt durch ihre Töchter Ebba und Mona Lisa als erfinderische Kolleginnen und weitere kreative Therapeuten, fand die Biodynamische Psychologie von Gerda Boyesen begeisterten Anklang in der zuversichtlich lustvollen Aufbruchstimmung seit den siebziger Jahren. Sie hat Gründer neuer Schulen inspiriert und war gefragt als sanfteste der damals neuartigen Therapieformen mit nachhaltiger Wirkung. Für mich ist sie ein bleibendes und einzigartiges Juwel der damals vielseitig experimentierfreudigen Kultur der antiautoritären-, Alternativ- , Frauen- und Friedensbewegung im Aufbruch. Sie ist für mich die „weiblichste“ der Therapieformen, auch in dem Sinn, wie es Ende der Neunziger noch hoffnungsvoll von der Psychoanalytikerin Margarethe Mitscherlich visioniert wurde: die gemeinsame Zukunft werde „weiblicher“, also nicht die Frauen den patriarchalisch tickenden Männern ähnlicher.
Als gebürtige Norwegerin längst in London niedergelassen, wollte Gerda Boyesen damals „sehr gerne mit Kriegs- und Nachkriegskindern Deutschlands arbeiten“. Ihre Ausbildung fand weitere Resonanz bis über Europa hinaus auch in der Gegenwart.

Bestens kompatibel sind neuere Erkenntnisse der Säuglings-, Bindungs- und Traumaforschung. (Einige TherapeutInnen haben sich auf die Arbeit mit sogenannten Schrei-Babies spezialisiert.)

Grundlegende neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse ermöglichen seit Jahrzehnten den Rückschluss auf die einzigartige Kostbarkeit der Peristaltikmethoden, insbesondere die Psychovagal-Theorie des Psychiaters Stephen Porges.

Neueren Datums sind die Forschungsergebnisse von Bruno Müller-Oerlinghausen: Als wissenschaftlich forschender Mediziner und Professor für Psychopharmakologie hat er depressive Erkrankungen auch im Zusammenhang mit den Wirkungen sensibler Formen der Massage-Körperarbeit erforscht. Nicht verwunderlich für Biodynamik-TherapeutInnen, dass er feststellte: Sensible Formen der Berührung übertreffen in ihrer vorteilhaften Wirkung insgesamt alle anderen Mittel (6), zumal Pharmaka gegen Depressionen seinen Studien nach selten ohne Nebenwirkungen vertragen werden und oftmals kontraproduktiv wirken, bisweilen schwerwiegend suizidal. Damit fand er allerdings bei ärztlichen und pharmakologischen Kollegen selten die wünschenswerte positive Resonanz, wie er auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Biodynamische Psychologie 2020 nach seinem Vortrag im eingehenden Gespräch erwähnt hat.

Laut einer Dunkelziffer gibt es nicht nur sehr viele Depressive, auch ist mehr als die Hälfte der über 50-Jährigen abhängig von Medikamenten zur Regulierung des Blutdrucks, ein zentraler innerer Rhythmus, der wie der Atem unmittelbar zu tun hat mit dem Gefühlsleben. Und immer mehr Menschen leiden an Krankheiten durch entzündliche Vorgänge.
Viele Menschen wissen wenig über mögliche Ursachen ihrer Erkrankung und „Auswege“ und behelfen sich mit Medikamenten, die meistens nur die Symptome lindern und mehr oder weniger spürbare Nebenwirkungen haben. Vor allem aus der Sicht betroffener Menschen, die erfolgreiche Erfahrungen machten mit Genesung durch andere Wege, haben diese Erkrankungen nicht nur durchgängig mit ungünstigen Ernährungs-, Genuss- und Bewegungsgewohnheiten zu tun, ebenso mit chronischen Formen von Stress., seelischem Stress und äußerem Stress, die dann vielleicht im Teufelskreis mit ungesunden Gewohnheiten kompensiert werden und zunehmend selbstdestruktiv wirken.

Biodynamisch psychologische Sichtweisen und Haltungen lassen sich in therapeutischen, pädagogischen, pflegenden, betreuenden und beratenden Zusammenhängen überaus vorteilhaft einbinden, sobald man sich damit gründlich durch Selbsterfahrung vertraut gemacht hat und es weiterhin für sich selbst kultiviert. Das betrifft jeden, der sich davon angezogen fühlt und wenn der Kontakt in der Zusammenarbeit stimmt. So auch meine vielseitige Erfahrung mit KünstlerInnen (auch mit Handicap), mit Dienstleistern und Lehrenden, mit professionellen „BeziehungsarbeiterInnen“, auch PsychoanalytikerInnen, mit Menschen in Führungspositionen unterschiedlicher Liga und Arbeitsfelder, mit Müttern, Kranken, Tod-Kranken, Familienangehörigen von Tod-Kranken, mit Jugendlichen im Erwachsenwerden und mit Kindern.

Copyright 2022

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(1) Alfred Bion, Lernen durch Erfahrung, Suhrkamp, 1980
(2) Sigmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur, Hrg. L. Bayer, K. Krone-Bayer, Reclam, 2016
(3) C.G. Jung, Gesammelte Werke Bd. 8, Patmos, 2011
(4) Richard Wilhelm, C.G.Jung, Das Geheimnis der goldene Blüte, Diederichs, 2005
(5) Michael Gienger, Die Steinheilkunde, Neue Erde, 2008
(6) Bruno Müller- Oerlinghausen, Gabriele Mariell Kiebigs, Berührung, Ullstein, 2018

Gerda Boesen, Über den Körper die Seele heilen, Kösel, 1987
Mona Lisa Boyesen, Biodynamik des Lebens, Synthesis, 1987
Antonin Svoboda und Nicolas Dabelstein, „Wer hat Angst vor Wilhelm Reich?“ , Dokumentarfilm 2009